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Von Liridona Preniqi
08. Juni 2022

Der TraderFox High-Quality-Stocks Europe-Index geht am Mittwoch vor der morgigen EZB-Zinssitzung in die Defensive. Dementsprechend liegt der Index am Nachmittag kaum verändert bei 125,15 Punkten. Abspaltungs-Phantasien der "Consumer Healthcare"-Sparte mit Blick auf den Börsentermin am 18. Juli beflügeln derzeit die Glaxo-Aktie. Computer-Hardwareanbieter Logitech setzt auf die künftigen "Megatrends" Metaverse und Cloud-Gaming und sieht zudem auch bei Videokonferenzen großes Absatzpotenzial.

Einer der größten Gewinner mit über 3 % Aufschlag war am gestrigen Dienstag im Qualitäts-Index die Aktie von GlaxoSmithKline. Investoren zeigen damit aktuell ihre Vorfreude auf die für Juli geplante Abspaltung der "Consumer Healthcare"-Sparte. Heute liegt sie aber erstmal wieder leicht im Minus bei 20,50 Euro. Die Aktie des britischen Arzneimittel- und Impfstoffherstellers hatte erst im April einen Jahreshöchststand markiert, der vor allem von den jüngsten  Quartalszahlen unterstützt wurde. Das Management bereitet aber derzeit den Börsengang der Tochter Haleon vor, unter dessen Dach bekannte Marken wie Dr. Best, Voltaren oder auch die Nahrungsergänzungsmittel-Marke Centrum gebündelt werden. Glaxo hatte das Konsumgüter-Geschäft 2019 in einem Deal mit dem US-Pharmakonzern Pfizer zu einem Joint Venture zusammengelegt. Die Briten halten daran bislang 68 % und möchten wiederum 80 % davon am Kapitalmarkt veräußern. Und mit der nun erfolgten Bekanntgabe des detaillierten Zeitplans für die Abspaltung wurde von der Konzernführung auch der Endspurt eingeläutet. Inzwischen hat Glaxo auch den Emissionsprospekt für Haleon bei der FCA, der britischen Finanzmarkt-Aufsichtsbehörde, zur Genehmigung eingereicht. Die Aktien sollen demnach am 18. Juli sogar gleich in das Premium-Listing-Segment der Londoner Börse aufgenommen werden. Das Spin-off des Unternehmens für Verbrauchergesundheit dürfte damit der größte Börsengang in London seit 10 Jahren werden. Damit solle das Potenzial von Haleon ebenso wie von Glaxo freigesetzt werden, kommentierte die Chefin noch im Februar die Börsenpläne. Die Trennung der Tochter vom klassischen Pharmageschäft mit Medikamenten und Impfstoffen wird von der Unternehmensführung aber schon seit über einem Jahr vorangetrieben.

Anfang des Jahres hatte auch der niederländische Konsumgüter-Riese Unilever ein 60-Milliarden-Euro-Angebot für das Geschäft rund um Gesundheitsprodukte auf den Tisch gelegt, was Glaxo damals allerdings ablehnte. Als Begründung wurde vor allem die Unterbewertung der Sparte genannt. Und das geplante “Going-Public“ könnte sich als großer Erfolg herausstellen. Nicht nur das Haleon mittelfristig mit einer Umsatzsteigerung von 4 bis 6 % rechnet. Zuletzt belief sich der Umsatz auf fast 10 Mrd. GBP pro Jahr. Glaxo will zudem auch seiner Tochter und deren weiteren operativen Aussichten beteiligt bleiben. Denn nach dem Spin-off werden die Investoren des Pharmaunternehmens mindestens 54,5 % des künftigen börsennotierten Unternehmens besitzen und für jede Glaxo-Aktie eine Aktie von Haleon erhalten. Weitere 7,5 % der Haleon-Aktien sollen außerdem in den Pensionsfonds von Glaxo fließen. Am Ende wird der Mutterkonzern aber noch bis zu 6 % der Anteile besitzen, die er aber im Laufe der Zeit auch wieder verkaufen will, vor allem um weiter in seine Arzneimittel- und Impfstoffpipeline zu investieren. Die Glaxo-Aktie ist aber auch aus einem anderen Grund ein Star im Index. Denn die Papiere bieten neben der aktuellen Abspaltungsphantasie auch eine stattliche Dividendenrendite von 4,6 %.

Der TraderFox High-Quality-Stocks Europe ist ein europäischer Index, der in sogenannte Burggraben-Unternehmen investiert. Diese Gesellschaften zeichnen sich durch hohe Markteintrittsbarrieren oder Wettbewerbsvorteile aus. Das kann eine starke Marke, ein hervorragendes Kostenmanagement oder Unternehmensgröße sein, die potenzielle Wettbewerber daran hindert, einen lukrativen Markt zu betreten. Europäische Unternehmen dieses Typs zeichnen sich durch gute operative Kennzahlen aus, wozu etwa hohe Gewinnspannen und Kapitalrenditen sowie eine hohe Umsatz- und Gewinnstabilität gehören. Damit sind die zukünftigen Gewinn- und Zahlungsreihen relativ sicher und gut prognostizierbar.

Im heutigen durchwachsenen Marktumfeld präsentiert sich im Qualitäts-Index auch die Aktie von Logitech mit leichten Abgaben bei 55,80 Euro. Dabei spiegelt die seit Monaten schon enttäuschende Kursentwicklung bei den Papieren des Computer-Equipment- und Softwareproduzenten vor allem die kurzfristig schwächeren Wachstumserwartungen wider. Inzwischen ergibt sich Bewertungs-technisch sogar in KGV von nur noch 12. Noch im letzten Geschäftsjahr verzeichnete das Unternehmen mit seinem Sortiment rund um Mäuse, Tastaturen, Webcams sowie PC- und Gaming-Zubehör einen beachtlichen Umsatzsprung von 76 % auf 5,25 Mrd. USD. Allerdings musste Logitech wegen der Ukraine-Krise und dem Wegfalls von Umsätzen, die in der Ukraine und in Russland in normalen Zeiten hätten erzielt werden können, jüngst die Prognosen senken. Diese Umstände kosten allein rund 2 % der Gesamterlöse. Langfristig erwartet der Vorstand aber ein Wachstum von 8 bis 10 % oder gar mehr. Zumal der Manager des Equipment-Herstellers insbesondere auf die beiden "Megatrends" Metaverse und Cloud Gaming setzt. Aber auch bei Videokonferenzen sieht er weiter großes Potenzial. Über 90 % der Räume weltweit seien nicht videofähig und das Geschäft mit Kameras in Konferenzräumen wachse weiter zweistellig, betonte er zuletzt. Darüber hinaus will Logitech auch den Unternehmensmarkt zunehmend erschließen. Auch weil dort die Gewinnmargen tendenziell höher sind.

Die als Holding agierende Firma mit ihren zahlreichen weltweiten Tochtergesellschaften und Beteiligungen profitierte zuletzt auch von den zahlreichen Lockdowns in China. Für die Schweizer ist der chinesische Wirtschaftsstandort immerhin der zweitgrößte Absatzmarkt, mit gewaltigem Potenzial. Mit der Pandemie sei der chinesische Markt zu einer riesigen Chance geworden, sagte jüngst der Unternehmenschef. Da die Menschen mehr Produkte kauften, weil sie eingeschlossen waren. Logitech verfügt derzeit zwar über Nettobarmittel von rund 1,3 Mrd. USD, große Übernahmen sind aber seitens des Unternehmens aufgrund der Komplexität künftig nicht zu erwarten. Dafür investiert der Computer-Hardwareanbieter lieber in kleinere Zukäufe und akquiriert laufend neue Technologien.

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